Kleine "Erwachsene"
Parentifizierung und seine Folgen
Es gibt bestimmte Forderungen, die Eltern niemals an ein Kind stellen sollten. Dazu gehört, dass ältere Kinder auf keinen Fall in die Elternrolle gedrängt werden sollten. Es ist nicht ihre Aufgabe, für das Wohlergehen ihrer Geschwister zu sorgen. Wenn die Eltern selbst nicht dazu in der Lage sind, sollte eine andere erwachsene Bezugsperson diese Rolle übernehmen.
Parentifizierung ist ein Begriff aus der Psychologie und beschreibt eine Dynamik innerhalb einer Familie, bei der ein Kind eine elterliche Rolle gegenüber einem oder mehreren Familienmitgliedern übernimmt. Dies kann auf verschiedene Weisen geschehen:
Emotionale Parentifizierung: Das Kind übernimmt die emotionale Unterstützung und Fürsorge für ein Elternteil oder Geschwister. Das Kind lernt, dass es seine Aufgabe ist für die emotionalen Befindlichkeiten anderer zu sorgen. Es fühlt sich verantwortlich für deren emotionale Zustände und versucht, deren Bedürfnisse zu erfüllen.
Instrumentelle Parentifizierung: Das Kind übernimmt praktische Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die normalerweise einem Erwachsenen zukommen. Dazu gehören Tätigkeiten wie Kochen, Putzen, oder die Betreuung jüngerer Geschwister.
Diese Dynamik kann aus verschiedenen Gründen entstehen, beispielsweise durch die Abwesenheit oder Unfähigkeit der Eltern, ihre elterlichen Pflichten zu erfüllen. Ursachen können chronische Krankheiten, psychische Probleme, Sucht oder auch (beruflicher) Stress der Eltern sein. Häufig ist auch das, was die Eltern wiederum von ihren Eltern über das Eltersein gelernt haben so prägend, dass es für diese "normal" ist, ihren Kindern Aufgaben der Erwachsenen zu übertragen und ihnen eine emotionale Unterversorgung des Versorgerkindes nicht bewusst ist.
Zu den Folgen:
Als Erwachsener kann sich der*die Betroffene dann darin erschöpfen stets für die Bedürfnisse anderer (Mitmenschen, Partner, Tiere, Eltern, oder in helfenden Berufen) zu sorgen und hat wenig Gefühl für die eigenen Empfindungen, Bedürfnisse und (Belastungs-)Grenzen. Körperliche Erschöpfungs- und Schmerzsyndrome und Zustände von "Burnout" sowie Depressionen und Angstzustände bis hin zu Panikstörungen aufgrund der inneren Haltlosigkeit können die Folge sein.