Ist Trauma heilbar?
Diese Frage höre ich sehr häufig von meinen Klienten und Klientinnen, und sie macht den persönlichen Leidensdruck der Betroffenen deutlich, mit dem tiefen Wunsch, die zum Teil schweren Traumafolgen (chronische Depressionen, Ängste und Panikattacken, körperliche chronische Schmerzen oder stressbedingte Folgeerkrankungen, Schlafstörungen, häufige emotionale Flashbacks, sich wiederholende Probleme in Beziehungen wie Partnerschaft, Freundschaften, am Arbeitsplatz etc.) mögen endlich verschwinden.
Entscheidend ist, was man unter Trauma versteht. Trauma liegt nicht in der überwältigenden traumatischen Erfahrung, also in dem Ereignis selbst (wie etwa ein Verkehrsunfall, Kriegserlebnisse, sexueller Missbrauch, körperliche oder emotionale Gewalt in der Kindheit, und bei Kindern sehr häufig auch Krankenhauserlebnisse, Operatioen etc. ). Dieses liegt in der Vergangenheit und ist demnach nicht gegenwärtig. Das ist es was meinen Klienten und Klientinnen auch immer wieder als Reaktion aus ihren sozialen Umfeld auf ihre Probleme entgegnet wird ("Es ist doch vorbei." "Das ist doch nun so lange her.").
Das ist richtig. Aber unsere körperlichen natürlichen Reaktionen (die Gefühle wie Ärger, Wut, Trauer, Angst, unser Verhalten wie sich wehren, weglaufen,...) auf außergewöhnliche, bedrohliche oder beschämende Ereignisse werden bei einem Trauma überwältigt. Flüchten war nicht möglich, Kämpfen und sich wehren war als Kind nicht möglich. Trauern wird aufgrund der psychischen Abspaltung unmöglich, da es das System zum jeweiligen Zeitpunkt überfordert hätte. Diese traumatische "Ladung" sitzt aber noch in unserem Nervensystem.
Das zeigt sich durch zum Beispiel emotional unpassende Reaktionen auf gegenwärtige Erlebnisse, beharrliche Ängste vor bestimmten Situationen/Auslösern, eine tiefe nicht greifbare Traurigkeit,... . Einfach ausgedrückt bedeutet Trauma: der Körper, unser autonomes Nervensystem, weiß noch gar nicht, dass die Bedrohung vorbei ist. Er reagiert noch immer mit Überlebensreaktionen und befindet sich damit häufig in der Überaktivierung/Hyperarousal (Schlafstörungen, Angst, Panikattacken, Vermeidungs- und Fluchtreaktionen wie Kontaktabbrüche, Streit/Dramasucht..) oder im Shutdown, der Immobilität, der letzte Not-Schalter des Systems (Nichts geht mehr, Burnout, Depression, Gefühl der Gefühllosigkeit..).
Demnach ist Traumatherapie das Lösen dieses traumatischen Stresses im Nervensystem. Mit zunehmender Lösung dieses inneren Stresses kommt es zu einer Lösung der Traumafolgen und der anstrengenden Symptome.
Unter dieser Betrachtung ist die Antwort also: Ja, Traumafolgen können heilen.