Das Pferd als Co-Therapeut
Pferde werden in der Psychotherapie, in der sogenannten "pferdegestützten Therapie" oder "Equine-Assisted Therapy (EAT)", aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und Eigenschaften eingesetzt. Diese Form der Therapie nutzt die Interaktion zwischen Mensch und Pferd, um psychische, emotionale und soziale Heilungsprozesse zu unterstützen. Hier sind einige der besonderen Fähigkeiten von Pferden, die sie in der Psychotherapie so wertvoll machen:
Bei vielen psychischen Symptomen finden wir an der Wurzel frühe Prägungen aufgrund ungünstig verlaufener zwischenmenschlicher Erfahrungen.
Hiervon ausgenommen die sogenannte Monotraumata (Typ I Traumata: einmaliges zeitlich begrenztes Trauma und kurze Dauer, z.B. Naturkatastrophen, Unfälle, technische Katastrophen). Aber auch bei den Auswirkungen einzelner abgrenzbarer Ereignisse, sind die Vorprägungen im Nervensystem des Betroffenen dafür entscheidend, wie er das Erlebnis verarbeitet. Ein Mensch mit einem dysregulierten Nervensystem zeigt andere Reaktionen auf einschneidende Erlebnisse wie etwa ein Mensch, der über eine gute Basis, gutes Containment und eine hohe Resilienz verfügt.
Entscheidend für die Belastbarkeit eines Menschen sind also sehr häufig die strukturellen Prägungen aus frühen Erfahrungen.
An dieser Stelle ist die Arbeit mit den Pferden so wertvoll und vor allem einzigartig. Denn:
-
Pferde als zusätzliche Begleiter haben die besondere Gabe, auf einer anderen Ebene mit den Betroffenen in Kontakt zu gehen. Schutzmechanismen, wie sie im vier Augen Kontakt mit dem menschlichen Therapeuten/Therapeutin autonom aktiviert werden, bleiben außen vor.
-
Pferde urteilen nicht und akzeptieren den Menschen bedingungslos. Diese unvoreingenommene Haltung schafft eine sichere und unterstützende Umgebung, in der Klienten/Klientinnen sich öffnen und ihre Gefühle ausdrücken können.
-
Das Pferd kommuniziert körpersprachlich, reduziert und sehr deutlich. So ist es möglich direkt am entscheidenen Thema arbeiten.
-
Im therapeutischen Kontakt mit einem Pferd kann - möglicherweise erstmals - eine vertrauensvolle Beziehung zu einem anderen Wesen aufgebaut werden, was das (Ur-) Vertrauen und Bindungsfähigkeit und die eigene Beziehungsfähigkeit fördern kann. Dies ist besonders wertvoll für Menschen mit Bindungsstörungen.
-
Pferde kommunizieren hauptsächlich nonverbal. Die Arbeit mit ihnen kann Klienten und Klientinnen helfen, sich ihrer eigenen - oftmals widersprüchlichen- verbalen und nonverbalen Kommunikation und ihrer Körpersprache, und den dahinter liegenden Bedürfnissen und Strategien bewusster zu werden.
-
Die erfolgreiche Interaktion beispielsweise bei einem Abgrenzungsthema mit einem großen und kraftvollen Tier wie einem Pferd kann das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl stärken. Klienten und Klientinnen kommen so wieder in Kontakt mit ihrer eigenen Handlungsmacht und Autonomie.
-
Die Pflege und das Management eines Pferdes erfordern Verantwortung und Sorgfalt. Dies kann besonders jüngeren Klienten und Klientinnen wie verhaltensauffälligen Kindern helfen, Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln und Fürsorge zu praktizieren, was sich wiederum positiv auf die eigene Selbstwahrnehmung und ihre Beziehungen zu anderen auswirken kann.