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Kontakt und die Suche nach Sicherheit

​Warum fällt es manchen Menschen so schwer Nein zu sagen, sich abzugrenzen und für sich, die eigenen Bedürfnisse und den eigenen Standpunkt im zwischen menschlichen Kontakt einzustehen? Was liegt dem sogenannten "fawn response"(Strategie der Beschwichtigung) zugrunde? Wie können soziale Ängste entstehen? Und warum fühlen sich manche Klienten und Klientinnen sogar im therapeutischen Setting unwohl? Die Antwort finden wir in Reaktionen unseres autonomen Nervensystems:

24 Stunden am Tag scannt unser Nervensystem ohne unser Bewusstsein auf drei Wahrnehmungskanälen, ob wir uns in Sicherheit befinden oder nicht.

Fühlen wir uns sicher, sehen wir die Welt voller Möglichkeiten, empfinden die Welt und andere Menschen freundlich und vertrauenswürdig. Bewertet unser System aber eine Situation als potenziell gefährlich oder unsicher, schlägt es Alarm und wir neigen zu kämpferischem Verhalten oder flüchten aus der Situation. Beurteilt unser Nervensystem etwas sogar als lebensbedrohlich kann es zu dissoziativen Zuständen oder einem Kollaps kommen.

Unser Nervensystem teilt sich klassischerweise in das sympathische Nervensystem und in das parasympathische Nervensystem. Letzteres teilt sich wiederum in zwei Teile auf: dem alten dorsalen Teil und dem jüngeren ventralen Teil. Der ventrale Teil stellt unser soziales Nervensystem dar und reguliert alles was mit Kontakt (zu anderen und zu uns selbst) in Verbindung steht. Dieser Teil wird aktiviert, wenn wir uns in Sicherheit befinden. Dann ist soziales Miteinander und Kontakt zu uns selbst möglich. Gleichzeitig ist der sympathische Teil des Nervensystems gehemmt. Wir kommen zur Ruhe.

Wenn unser soziales Nervensystem deaktiviert ist und das System sich mobilisiert für Kampf oder Flucht oder in die angstbesetzte Immobilität geht, können wir nicht mehr unterscheiden, ob das Gegenüber wohlgesonnen ist oder nicht. Oftmals werden Dinge falsch und/oder persönlich interpretiert. Am bedeutsamsten ist aber, dass es den Betroffenen in diesem Zustand nicht mehr möglich ist Gesichter zu lesen, dem Gegenüber zuzuhören und echte Empathie oder Mitgefühl (für andere und für sich selbst) zu empfinden.

Um auf die Ausgangsfragen zurück zu kommen: Warum fällt es manchen Menschen (häufiger Frauen) so schwer Nein zu sagen und sich abzugrenzen?

Die Antwort ist: weil es sich bedrohlich anfühlt Nein zu sagen oder sich abzugrenzen. Dies lässt sich nicht mit unserem Verstand steuern, und auch nicht nachhaltig durch verhaltenstherapeutische Interaktioen abtrainieren.

Es geht darum, die Energie, die sich hier zeigt, zuzuordnen und dem Körper bzw. dem Nervensystem zur Entladung und damit zu einem Gefühl von (Selbst-)Sicherheit zu verhelfen. Meistens liegen den Themen wie Abgrenzung und für sich Einstehen sowie sozialen Ängsten strukturelle Prägungen im Kindesalter zugrunde.

Es ist doch nur verständlich, dass ein Mensch für sich verinnerlicht, dass Kontakt mit Menschen bedrohlich ist, wenn er im Kindesalter gelernt hat, dass Nein zu etwas zu sagen häufig mit Ablehnung, Abwertung, Kritik, Strafen oder physischer Gewalt einherging. Das Kind hat aus Angst also gelernt die authentischen Bedürfnisse wegzudrücken, um so zu funktionieren wie es das Gegenüber verlangt.

Leider finden wir noch heute unrefektierte Kritik und auch Strafen als Antwort auf gesunde authentische Reaktionen der Kinder in Familien und in Einrichtungen wie Krippe, Kindergärten und Schule.

In der Therapie geht es nicht darum überwältigende traumatische (Kindheits-) Erinnerungen wachzurufen, wiederzuerleben und "durchzuarbeiten", sondern das gesunde Authentische, was jeder Mensch in sich trägt, egal wie schwer es ihn getroffenen hat, Stück für Stück "freizulegen". Wir müssen also nichts verhaltenstherapeutisch trainieren, wie etwa bei sozialen Ängsten oder kognitiv umstrukturieren mit der Kognitiven Verhaltenstherapie, sondern wir können darauf vertrauen, dass das jeweilige System des Betroffenen sich neu organisiert, wenn wesentliche "Störfeuer" gelöscht wurden.

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